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Pressemitteilung vom 10. Mai 2017


Der REHA-Verein betreut in seinen REHA - Werkstätten, Tageszentren und im Betreuten Wohnen monatlich ca. 500 psychisch kranke Personen.

Seit 1980
ist es Satzungszweck,

"die soziale und berufliche Ausgliederung psychisch Kranker soweit wie möglich zu verhindern"
.

Am Donnerstag, den 04.05.2017, wurde einer der von uns betreuten Bewohner in Emmendingen bei einem polizeilichen Einsatz von Polizisten erschossen.

Dieses tragische Ereignis veranlasst uns zu folgender

                                                           Stellungnahme:

1.
Wir fühlen uns nicht befugt, den Ermittlungsergebnissen der Polizei sowie der juristischen Bewertung durch die Staatsanwaltschaft vorzugreifen.

Wir betrachten uns jedoch als durchaus fachkompetent, auf Grund von Zeugenaussagen ( die uns zum Teil schriftlich vorliegen ) das Verhalten der beiden Polizisten ( bis auf die wenigen letzten Sekunden des Einsatzes, für die es keine neutralen Zeugen gibt ) unter dem verhaltenspsychologischen Aspekt eines angemessenen Problemlösungsverhaltens zu beurteilen.

Wir müssen leider feststellen, dass das Einsatzverhalten der Polizisten unter dem Gesichtspunkt eines professionellen Problemlösungsverhaltens nicht angemessen war.

Wir bedauern dieses Verhalten außerordentlich, zumal wir mit der Emmendinger Polizei seit über 20 Jahren gut zusammenarbeiten und deren Einsätze bisher stets von einem besonnenen professionellen Verhalten gekennzeichnet waren, das bis dahin immer zu guten Problemlösungen geführt hat.


2.
In den Pressemitteilungen der Freiburger Polizei, der Freiburger Staatsanwaltschaft sowie in anderen Medien werden Tatsachenbehauptungen aufgestellt, die mit den uns vorliegenden ( zum Teil schriftlichen ) Zeugenaussagen nicht in Einklang zu bringen sind.

Diese entgegengesetzten Informationen liegen im übrigen seit Donnerstagabend ( 04.05.2017 ) der Polizei vor, da die Zeugen unmittelbar nach der Tat von der Kripo Freiburg befragt wurden.


Im Einzelnen:

Es wird behauptet,
- der psychisch kranke Bewohner habe " die Polizisten unmittelbar nach deren eintreffen mit einem
  Messer attackiert ",
- er habe Mitarbeiter und Bewohner bedroht, so dass die Situation auch für diese " sehr  bedrohlich "
  gewesen sei.
- es sei Pfefferspray angedroht und eingesetzt worden,
- dieser Einsatz habe jedoch keine Wirkung gezeigt.
- deshalb sei der Einsatz von Waffen als letztes Mittel notwendig gewesen.


3.
Diese Tatsachenbehauptungen werden durch die vorliegenden neutralen Zeugenaussagen entweder widerlegt oder nicht bestätigt.

      - Nach den Zeugenaussagen befand sich zum Zeitpunkt des Eintreffens der Polizei der später
        getötete Bewohner mit zwei weiteren Bewohnern in der Wohnküche.
        Er saß am Tisch, war ruhig, hielt allerdings ein Messer in der Hand.
        Eine Bewohnerin saß bei ihm am Tisch und beschäftigte sich mit ihrem Essen.
        Ein anderer Bewohner war am Kochen. Ein Mitarbeiter half ihm dabei.

        Von einem konflikthaften Verhalten war in dieser Situation nichts mehr vorhanden. Lediglich das
        Messer in der Hand war ungewöhnlich.
        Er bedrohte jedoch niemanden.

        Auch Bewohner und Mitarbeiter fühlten sich zu keinem Zeitpunkt durch den später getöteten
        Bewohner bedroht.

      - Nach den Zeugenaussagen drangen die beiden Polizisten sofort nach Eintreffen, ohne sich
        überhaupt zu erkundigen, ob eine unmittelbare Gefahr für eine Person bestand, mit lautem
        Schreien und gezogener Waffe in die Küche ein. Sie forderten den Bewohner immer wieder mit
        lautem Schreien auf, das Messer wegzuwerfen und sich auf den Boden zu legen.
        Dabei bedrohten sie ihn mit der Waffe.

        Seitens der Polizei wurde kein einziger Versuch unternommen, ruhig mit ihm zu reden, obwohl er
        niemanden bedrohte.

      - Die Androhung von Pfefferspray sowie der Einsatz von Pfefferspray wird von keinem Zeugen
        bestätigt, im Gegenteil:
        Ein Zeuge berichtet, dass ein Polizist bereits vor dem Betreten der Küche seine Waffe gezogen
        hatte.

        Der zweite Zeuge berichtet, dass der zweite Polizist sofort nach Betreten der Küche seine Waffe
        zog und diese gezielt auf den Bewohner richtete und gleichzeitig ihn anschrie.

        Die beiden Bewohner sowie der Mitarbeiter verließen sofort nach dem Eindringen der Polizei die
        Küche. Für die wenigen Sekunden danach gibt es keine neutralen Zeugen.

        In diesen wenigen Sekunden wurden nur das andauernde Schreien und dann die Schüsse durch
        die Zeugen von außen wahrgenommen.

         Auf Grund der Zeugenaussagen stellen wir fest, dass es etliche Verhaltensalternativen für
        die Beamten im Vorfeld der Schüsse gegeben hat.



Norbert Klein-Alstedde

Diplom-Psychologe / Klinischer Psychologe BDP
Geschäftsführender Vorstand