A  A+  A++
REHA-Verein Freiburg  |  Berliner Allee 11a  |  79110 Freiburg  |  Telefon 0761/ 38 65-0  |  Telefax 0761/ 38 65-100

Chronik

 berichtet am 3. März 1982

Auf der Suche nach neuen Frei-Räumen

Der Reha-Verein hilft seelisch Kranken und ist selbst auf Hilfe angewiesen

In deutschen Land einen Verein zu gründen, ist nicht sonderlich schwierig. Für ihn das Prädikat "gemeinnützig" zu bekommen, ist schon nicht mehr ganz so einfach. Indes ist das noch ein Kinderspiel im Vergleich zu dem Bemühen, mit Geld aus dem Stadt - oder Staatssäckel unterstützt zu werden- und sei die Arbeit des betreffenden Vereins noch so sehr dazu angetan, der Allgemeinheit der Steuerzahler durch vorbeugende Arbeit letztlich noch höhere Ausgaben zu ersparen. Diese Erfahrung macht zur Zeit auch der Freiburger Reha-Verein zum Aufbau sozialer Psychiatrie.
Gemeinnützig ist dieser Verein schon längst, der die Wiedereingliederung von Menschen zum Ziel hat, die mitunter oder dauernd Schwierigkeiten mit sich selbst haben. Mit der finanziellen Förderung dagegen hapert es. Da kam dem Reha-Verein die Spende des Vereins Obere Altstadt in Höhe von 3800 Mark gerade recht, die bei der Weihnachtswunsch-Aktion der "Badischen Zeitung" von Geschäftsleuten zusammenkamen. Mit dem Geld wurden zwei Arbeitstische, eine Schreibmaschine und ein Schrank angeschafft. Ein Webstuhl soll demnächst dazukommen, um künftig auch einen Nähbereich anbieten zu können.
Dieses neue Angebot soll (wie das schon bestehende in einer kleinen Werkstatt) Männern und Frauen nach einem Aufenthalt in der Psychiatrischen Klinik die Chance eröffnen, sich wieder an den "normalen" Arbeitsalltag heranzuarbeiten. Aber auch Menschen, die mit seelischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben und denen die Einweisung in eine Klinik droht, können beim Reha-Verein versuchen, sich wieder zu festigen und somit die ansonsten unabwendbare Einweisung zu vermeiden.
Um so unverständlicher ist es den beiden Hauptamtlichen Thilo Witz und Peter Martschuk, dass vom Verein nach wie vor eine mehrjährige Bewährung gefordert wird, ehe vielleicht Geld aus öffentlichen Kassen in die Schwarzwaldstraße 81 fließt. Dort nämlich hat der Reha-Verein seine kleine Werkstatt. Hier verkauft seit knapp einem Jahr der Reha-Laden Waren, die in verschiedenen sozialen Einrichtungen hergestellt werden: Holzspielzeug, Naturwolle, Korb- und Töpferwaren, Gewebtes. All das verkaufte sich in den vergangenen Monaten so gut, dass sich der Laden inzwischen selbst trägt.
Doch geht es dem Reha-Verein nicht darum, Gewinn zu machen. Vielmehr dient ihm die Laden-Werkstatt dazu, immerhin sieben bis acht Arbeitsplätze (mit den Bereichen Ein- und Verkauf, Verwaltung und Produktion) für psychisch belastete Menschen anbieten zu können. Darüber hinaus ist der Laden eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knöpfen und Vorurteile gegenüber seelisch Kranken abzubauen. Gerade hier stoßen die freiwilligen Mitarbeiter freilich immer wieder auf die Schwierigkeit, Männer und Frauen, die von ihren Fähigkeiten her durchaus "normal" arbeiten könnten, auch zu vermitteln.
"Wir könnten noch viel mehr machen", meint Thilo Witz, "wenn wir mehr Platz hätten." Deshalb sucht der Reha-Verein beharrlich nach neuen Räumen. Und diese Raumsuche gilt nicht nur neuen Möglichkeiten des Gesprächs und der Betreuung beim Arbeiten, sondern ist auch auf eine Wohnung aus, in die eine Wohngruppe einziehen kann. Denn der Reha-Verein betreut zur Zeit in drei Wohngemeinschaften 15 Menschen, denen damit ein Klinikaufenthalt erspart wird. "Und vom Bedarf her könnten wir gut noch eine vierte Wohngruppe eröffnen." Doch hierfür fehlen nicht nur die notwendigen Räume - der Reha-Verein hat sich in den drei Jahren seines Bestehens offensichtlich auch noch nicht genügend bewährt, um von Stadt oder Land entsprechend unterstützt zu werden...
gmk