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Chronik

 Emmendingen berichtet am 22. November 1984

Neuen Antrieb zum Leben durch Arbeit
REHA-Werkstatt und Laden kann auf zweijähriges Bestehen zurückblicken

UM DIE SELBSTVERANTWORTUNG zu fördern, wird jeder in alle Arbeitsbereiche eingearbeitet.

Emmendingen (mk). Die Reha-Werkstatt in der Karl-Friedrich-Straße mit angegliedertem Laden in der Hochburger Straße kann auf zweijähriges Bestehen zurückblicken. Das Fazit dieser Einrichtung, die nicht mit einer Behindertenwerkstatt zu vergleichen ist, denn sie wird nicht finanziert, ist ermutigend: 35 bis 40 Männer und Frauen, psychisch Kranke oder Mitbürger mit seelischen Konflikten, vor allem durch lange Arbeitslosigkeit, bietet diese Einrichtung durch Arbeitsangebote eine Möglichkeit, wieder eine neue Aufgabe zu finden, die das Selbstwertgefühl stärkt und neuen Antrieb vermittelt.

Vor zwei Jahren wurde in Emmendingen der Versucht gewagt, eine Werkstatt aufzubauen - Träger ist der Reha-Verein Freiburg - die sich einmal aus eigener Produktion tragen soll. Ein Ziel das bislang noch nicht völlig erreicht werden konnte. Wesentlich erweitert wurden jedoch die Arbeitsangebote und die Werkstatträume, weil der Kreis jener, die über einen langen Zeitraum keine Arbeit finden können, größer wird. Die Mitarbeiter der Reha-Werkstatt sind im Alter von 18 bis 60 Jahren, die meisten von ihnen waren schon jahrelang arbeitslos. Gegen ein Entgelt unter Betreuung zu arbeiten, bedeutet für diese Menschen, aus ihrer Isolierung herauszukommen, einer Gruppe zugehörig zu sein, den Beweis für sich selbst zu erbringen, nützlich zu sein und dadurch wieder Selbstvertrauen zu gewinnen. "Es ist erstaunlich, welche persönliche Stabilisierung durch Arbeit bewirkt werden kann", so der Werkstattleiter, Sozialarbeiter Volker Dürre.
Nicht wenige Mitarbeiter sind auch auf den relativ bescheidenen Verdienst angewiesen, weil die Hilfe durch den Staat zum Leben nicht ausreicht. Dass dieses Entgelt auf die Sozialhilfe angerechnet wird, empfinden einige allerdings als eine Art Bestrafung für ihre Arbeit.
Die Reha-Werkstatt beschäftigt auch ständig Patienten des Psychiatrischen Landeskrankenhauses. Sie trainieren hier den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben. Jedem Beschäftigten will die Einrichtung eine möglichst große Abwechslung in der Arbeit bieten - jeder wird in alle Arbeitsbereiche eingearbeitet - um die Selbstverantwortung zu fördern. Die Arbeit mit Naturprodukten umfasst vor allem die Herstellung von Holzspielzeug, hinzu kommen Teilfertigungsarbeiten, Aufträge, welche die Werkstatt inzwischen von fünf Industriebetrieben aus dem regionalen Bereich erhält.
Durch die räumliche Erweiterung können die Mitarbeiter nun auch gemeinsam das Mittagessen einnehmen. Einkaufen, Kochen und die hauswirtschaftlichen Arbeiten stellen einen weiteren festen Arbeitsplatz mit wechselnder Besetzung dar. Gerade für Alleinstehende ist die Arbeit in diesem Bereich eine gute Vorbereitung darauf, sich selbst zu versorgen. Zwei festangestellte Sozialarbeiter, Praktikanten und Zivildienstleistende, insgesamt sechs Personen, betreuen die bis zu 40 Beschäftigten. Einmal pro Woche, montags, wird beim Gruppengespräch nicht nur über Arbeitsverteilung und Organisation diskutiert, sondern auch persönliche Probleme besprochen.
Durch die notwendig gewordene Erweiterung der Einrichtung sind auch die Mietkosten erheblich angestiegen. Einen Teil davon, sowie die festen Kosten und das Entgelt für die Beschäftigten kann die Reha-Werkstatt bereits aus der eigenen Produktion decken, nicht jedoch die Personalkosten für die beiden festangestellten Betreuer, für Investitionen und einen Teil der Miete.
Als sehr gut bezeichnete Werkstattleiter Dürk die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt. Mehr Interesse wünscht er sich dagegen von den Arbeitsverwaltungen im Kreis, vor allem wenn es um die Bezuschussung bei der Einstellung von Schwerbehinderten und über 50jährigen für Reha-Maßnahmen geht.
Eine Erweiterung erfuhr auch der Reha-Laden in der Hochburger Straße 11 in diesem Jahr, in welchem das in der Werkstatt hergestellte Holzspielzeug sowie Gegenstände, die aus anderen sozialen Einrichtungen stammen, verkauft werden. Der Laden bietet nicht nur erweiterte Arbeitsmöglichkeiten, sondern hilft den dort Beschäftigten, ihre Isolierung im Kontakt mit der Bevölkerung zu überwinden. Für das BZ-Adventsfest am 1. Dezember hat die Reha-Werkstatt ihre neuen Räume zur Verfügung gestellt, und wird, wie schon vergangenes Jahr, an diesem Tag über ihre Arbeit informieren und ihre Erzeugnisse ausstellen. Am gleichen Wochenende ist der Reha-Laden beim Weihnachtsmarkt in der Lammstraße mit einem Stand vertreten.
Bild: Köllges/BZ