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Chronik

 berichtet am 06. November 2005

Das gute Gefühl, etwas zu leisten
Die Emmendinger Schreinerei R'elan bietet behinderten Menschen Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt

Schreinerei statt Psychiatrie: Der gelernte Krankenpfleger und Relan-Chef Gerhard Glier gibt Behinderten eine Chance

Von Michael Haberer

Gerhard Glier ist von seiner Arbeit überzeugt. Der gelernte Schreinermeister und Krankenpfleger leitet die Schreinerei Relan in Emmendingen. Diese GmbH eröffnet psychisch behinderten Menschen den Weg in die Arbeitswelt.

Die Integrationsfirma Relan ist eine Tochter des Reha-Vereins. Mit Relan soll der Aufbau sozialversicherter Arbeitsplätze für psychisch Kranke vorangetrieben werden. Die Schreinerei, die in den neuen Räumen im Gewerbegebiet "Über der Elz" eingerichtet wurde, ist angekoppelt an die Behindertenwerkstätte des Reha-Vereins. Dass Werkstätte und Schreinerei getrennte Eingänge besitzen, ist bewusst gewählt. Denn Relan ist keine Betreuungseinrichtung für Behinderte, wie der Geschäftsleiter des Reha-Vereins, Norbert Klein-Alstedde, betont. Relan bietet den Behinderten Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Die Zusammenarbeit mit den Behinderten ist der Grund, warum Glier die Leitung der Schreinerei übernommen hat. Er war von seinem Job als Krankenpfleger in der Psychiatrie umgesattelt zum Handwerk, weil er aus der "Wegsperreinrichtung" heraus wollte. "Du musst hier raus, sonst stumpfst du total ab", habe er sich gesagt. Derzeit sind in der Schreinerei vier Mitarbeiter beschäftigt, einer davon ist schwerbehindert. Vorläufiges Ziel ist es, die Schreinerei auf acht Mitarbeiter auszudehnen. Die Hälfte davon sollen Behinderte sein.
Relan soll sich selbst am Arbeitsmarkt halten. Die einzige Förderung seitens des Staates ist der Eingliederungszuschuss, den jede Firma bei der Beschäftigung Behinderter erhält. Hinzu kommt, dass die gemeinnützige Einrichtung nur sieben Prozent Mehrwertsteuer verlangen muss. Dies sei die einzige Förderung, die Gewerbetreibende nicht erhalten. Klein-Alstedde versteht dies als Vergütung, weil die Relan das Soll an behinderten Mitarbeitern übererfüllt. Ausgleichszahlungen, die jene Betriebe abtreten müssen, die keine oder zu wenige Behinderten beschäftigen, beanspruche die Relan nicht. "Wir machen diese Alibifunktion nicht mit", betont Klein-Alstedde. Glier räumt aber ein, dass es bislang nicht ohne die Hilfe des Reha-Vereins geht. Man bewege sich aber hin auf eine "schwarze Null". Die Hoffnung ruht besonders auf dem Kulissenbau im Europapark.
Den Kontakt zu Rust hat Glier aus München mitgebracht. Er hat in seiner Heimatstadt in einer Firma für Bühnen- und Kulissenbau gearbeitet, die auch für ARD Sendungen im Europapark das Ambiente besorgte. Als Glier wieder stärker seiner sozialen Ader folgte und bei Relan anheuerte, brachte er diese Verbindungen mit. Nachdem das Relan-Team die Kulissen für Sendungen wie "Was wäre wenn" oder "Deutschlands große Hits" montiert hatten, waren sie drin im Geschäft. Derzeit arbeiten zwei Profis von Relan in Rust, wo sie laut Glier auch immer wieder Praktikanten aus den Behindertenwohnheimen des Reha-Vereins mitarbeiten lassen.
Der Kulissen- oder Eventbau ist maßgeschneidert für Behinderte, die etwas leisten wollen. Die harte Arbeit, bei der in der Nacht nach den Sendungen die Bühnen im Eiltempo komplett wieder abgebaut werden müssen, gibt laut Gerhard Glier das gute Gefühl, etwas geschafft zu haben und von der Gesellschaft gebraucht zu werden. Außerdem können die Behinderten im TV sehen, was sie geleistet haben und sagen: "Schaut, die tolle Bühne haben wir gebaut."
Foto:HAB