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Chronik

 berichtet am 31. März 1984

Warten auf den Zuschuss
Bisher kein Geld für REHA-Verein-
Eröffnung geplant

Seit Jahren bemüht sich ein Freiburger Verein, der sich um die Wiedereingliederung ehemals psychisch Kranker in das "normale" Leben kümmert, um öffentliche Zuschüsse - bisher ohne Erfolg. Vor fünf Jahren haben ehemalige Mitarbeiter des "Hauses Vogelsang" den "REHA-Verein zum Aufbau sozialen Psychiatrie" gegründet. Im Lauf der Zeit entstanden zwei Ladenwerkstätten in Freiburg und Emmendingen, in denen hauptsächlich Strohschuhe und Holzspielzeug hergestellt und auch verkauft werden.
Dazu kamen fünf Wohngruppen in Freiburg und Umkirch, die heute 22 Personen Platz bieten, und eine Tagesstätte mit Büro-, Arbeits- und Gruppenräumen in der Schwarzwaldstraße.
Das Angebot des Vereins, die "Nachsorge" psychisch Kranker zu übernehmen, fand großen Anklang. So gab es im vergangenen Jahr für neun freie Wohngruppenplätze über 40 Anmeldungen. Auch die Erfolge konnten sich sehen lassen: Fast 70 Prozent der Abgänger wurden in eine selbstständige Existenz entlassen, nur wenige mussten in eine Klinik rückverlegt werden.
Vor vier Jahren machte ein Arbeitskreis im Auftrag des Sozialamts eine Erhebung, um den Bedarf an Wohnplätzen für psychisch Kranke zu ermitteln. Danach wurden in Freiburg über 190 Plätze benötigte fast 80 davon für den ein- bis zweijährigen "Übergangsbereich". Diese Zahl wurde bis heute nicht erreicht. Trotzdem hat sich das Sozialamt bisher in jedem Jahr geweigert, einen Bedarf für die drei Freiburger Wohngruppen des Vereins anzuerkennen. Diese Anerkennung ist jedoch die Voraussetzung dafür, vom Landeswohlfahrtsverband Zuschüsse zu bekommen. Auf seinen diesjährigen Antrag hat der Verein gestern einen ablehnenden Zwischenbescheid erhalten. Danach scheint die Stadt nun von ihren Bedarfszahlen abzurücken: In dem Schreiben wird Erstaunen darüber ausgedrückt, dass der REHA-Verein "die Bedarfsfrage für geklärt" hält.
Geld braucht der REHA-Verein für Mieten und Personal, aber auch, um seine Klienten, die in den Werkstätten arbeiten, angemessen entlohnen zu können. Denn mit Kostensätzen, wie sie in Behinderten-Werkstätten üblich sind, will der Verein nicht arbeiten lassen. "Unsere Klienten sollen einen Lohn für die Arbeit erhalten", sagt Norbert Klein-Alstedde, der therapeutische Leiter, "deshalb sind uns Zuschüsse lieber als Sozialhilfe, auf die die Leute sonst einen Anspruch haben".
Für die beiden Umkircher Wohngruppen hat das Landratsamt den Bedarf bereits anerkannt. Dort ist der erste Schritt für eine finanzielle Förderung getan. Die Stadt Freiburg beschränkt sich bisher darauf, die Miete für die Ladenwerkstatt zu zahlen.

Dennoch steht bereits ein weiteres Projekt des Vereins kurz vor der Vollendung: Am nächsten Wochenende soll in der Gerberau ein Haus mit Ladenwerkstatt, Tagesstätte und Wohnplätzen eröffnet werden. Lange hatte der Verein nach einem Haus in der Innenstadt gesucht: "Wir wollten ins Zentrum der Stadt, um im Zentrum des Bewusstseins der Bürger zu sein", sagte Klein-Alstedde. Ein Behinderten-Getto vermeiden sowie Kontakte zwischen "Normalbürgern" und psychisch Kranken zu schaffen - das ist das Ziel dieses Vorhabens. Vor allem die Ladenwerkstatt im Erdgeschoß soll Begegnungen erleichtern, und das Dachgeschoß ist für "normale" Mieter reserviert. Dazwischen entstehen sieben Wohnplätze und eine Tagesstätte für nicht arbeitsfähige Kranke.

Die hohen Anlaufkosten - Klein-Alstedde schätzt sie auf 130 000 Mark - kann der Verein allein nicht tragen. Der Psychologe hofft jedoch, dass die Stadt in diesem Jahr ihre ablehnende Haltung aufgibt: "Unsere Zahlen beweisen, dass es einen Bedarf für unsere Einrichtungen gibt."
sal

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